Bundesliga-Finale in St. Veit/Glan

Wie kann ich als Veranstalter verhindern, dass möglichst viele Interessierte einem Grande Finale beiwohnen? Indem ich sie alle am gleichen Wochenende stattfinden lasse! Ungeachtet der bereits fixierten Bundesliga-Termine (Final-Wochenende der 1. Bundesliga sowie der 2. Bundesliga Mitte, wo auch wir mitmischen) hat der oberösterreichische Landesverband alle (!) Landes- und Kreisligen am gleichen Wochenende zum Saisonabschluss versammelt – und dadurch einiges perfekt versemmelt: nämlich ein wechselseitiges Aushelfen unter den Teams (plötzlich sind Gastspieler, auf die man die ganze Saison lang einbauen konnte, nicht mehr verfügbar) oder auch ein Dabeisein als interessierter Zaungast. Bravo.

Aus anderen Gründen fehlen uns diesmal in der ersten Mannschaft Laszlo, Luki, Harry und Andi. Es wird also dünn, wenn wir alle Teams gut besetzen wollen. Peter und ich rücken in die Bundesliga auf, was uns noch einiges an Kopfzerbrechen bringen wird…

Immerhin geht’s für uns um nicht mehr viel. Der erste Platz ist nicht mehr erreichbar (dass wir in dieser Saison überhaupt diese Frage stellen, zeigt, wie toll es bisher für uns gelaufen ist). Und auch nach hinten Richtung Abstieg ist absolut keine Gefahr. Gleich zwei unserer Gegner hingegen sind in den Abstiegskampf noch voll verwickelt und dementsprechend stark aufgestellt.

9.Runde: St. Valentin - Schachfreunde Graz 2½:3½

Am Freitag bekommen wir es mit den „Schachfreunden“ aus Graz zu tun. Die bringen fast ihre stärkste Besetzung und geben uns von Anfang an zu verstehen, dass sie – anders als es der Tabellenstand nahelegt – der Favorit sind.

Es dauert nicht lange, und schon ist die Partie auf Brett 3 beendet: Zoltan mit einem Kurzremis durch Zugwiederholung gegen einen ebenfalls ungarischen Spieler gleicher Stärke. Noch Fragen?

Auf Brett 6 das nächste Unentschieden. Peter spielt kreativ, riskiert aber lieber nicht zu viel und steuert mit sicherer Hand in den Remishafen. So kennen wir ihn. ;-)

Am Spitzenbrett zeigt Jakob erstmalig, was er an diesem Wochenende vorhat. Unter anderem durch super-tolle Vorbereitung will er seine erste IM-Norm einfahren. Der Auftakt gelingt mir Bravour. Er spielt seinen überaus starken Gegner von Beginn weg an die Wand. Überzeugend.

Brett 4 läuft genau andersrum. Hier ist es Reini, der gegen akribische Vorbereitung und druckvolles gegnerisches Spiel chancenlos ist. Der Ausgleich zum 2:2.

Flo kommt auf Brett 2 etwas unter Druck, verteidigt sich jedoch umsichtig und kann so das Remis im Endspiel mit ungleichfarbigen Läufern sicherstellen. Wacker gekämpft.

Die längste Partie habe ich auf Brett 5. Gegen den Grazer Jungstar entwickle ich ein super-druckvolles Spiel auf ein Tor, habe dann einen Zug lang die Chance, mich zum Zaubersieg zu opfern. Das tu ich allerdings nicht, worauf die Partie langsam aber sicher kippt. Es kommt zu einem langen Damenendspiel, wo ich zwischendurch große Hoffnungen auf Dauerschach hege. Beide finden wir jeweils die besten Züge. Nach fast fünf Stunden muss ich es einsehen: Es reicht nicht zum Remis. Punkt und Matchsieg für die Schachfreunde Graz. Schade drum.

10.Runde: Villach - St.Valentin 2:4

Samstag. Zu diesem Match treten wir nur zu fünft an, lassen das fünfte Brett frei. Nominell sitzt da Casi, tatsächlich gar niemand. Wäre Peter angetreten, hätten wir noch saftigere Strafen kassiert. Danke, Oberösterreich, für diese Regelung.

Unser Gegner, für den es auch um nichts mehr geht außer um die sprichwörtliche goldene Ananas, lautet Villach. Die bisherigen Performances ihrer beiden Spitzenbretter flößen ganz schön Respekt ein. Bisher. Denn beide müssen anerkennen, dass sie zwei äußerst munteren Valentinern gegenübersitzen.

Der Spielfilm läuft bald in unsere Richtung. Wir starten zwar mit 0:1, bevor noch der erste Zug passiert ist. Dann aber geht die Post ab.

Jakob sackt die heiß ersehnte IM-Norm ein. Wieder großartige Vorbereitung, das beeindruckt sichtlich sein Gegenüber, immerhin GM! Jakobs König gerät (absichtlich) ins Kreuzfeuer, dafür hat er ein bis zwei Figuren mehr. Der GM übersieht die Abwicklung zum Remis, Jakob sieht dafür praktisch alles. Gratulation, wahrhaft meisterlich!

Dann endet Brett 3. Auch mit einem Sieg für uns. Sorry, diese Partie habe ich gar nicht verstanden. Erst habe ich große Bedenken, ob Zoltan alle Löcher seiner Stellung stopfen kann. Matt auf g7 ist bei einem bis h6 vorgedrungenen Harry (so heißt der h-Bauer) mehr als nur eine Möglichkeit. Irgendwie gelingt es ihm – Zoltan natürlich, nicht Harry, der war ja gar nicht dabei! – seine Stellung zu konsolidieren. Das plötzliche Ende kommt dann umso überraschender. Auf einmal 0:1. Was ist passiert? Die Bedenkzeit des Weißen ist abgelaufen. Auch recht.

Der nächste in der Reihe ist Flo. Superstark überspielt er seinen bis dahin überzeugend agierenden Gegner, einen IM immerhin, lässt ihm nicht den Funken einer Chance. Erstickt alle Gegenchancen im Keim und spielt das zwar zähe, aber doch klar vorteilhafte Endspiel mit T+L gegen T+S konsequent und trocken bis ans Ende. Wow.

Reini macht es dann doch wieder ein bisschen spannend und lässt die Villacher auf 2:3 verkürzen. Nicht schön anzuschauen, wie er unter Druck gerät. Lange von seinem Gegner fein und konsequent gespielt. Am Ende könnte es doch noch einmal spannend werden. Beide übersehen jedoch einen plötzlich möglichen Figurengewinn für Reini. Pech aber auch. Laut Rechner wäre die Stellungsbewertung dann zwar immer noch -5 gewesen, aber ob Schwarz nach diesem Schock noch korrekt fortgesetzt hätte?! Wir werden es nie erfahren.

Wieder bin ich der Letzte, der fertig wird. Es gelingt mir, meinen Gegner, eines der vielen Villacher Nachwuchstalente, mit einer seltenen, dafür aber witzigen Eröffnung zu überraschen. Er denkt schon beim 3. Zug fast eine halbe Stunde nach und – greift fehl! Um ihm ja keine Gegenchancen zu geben, wähle ich in der bald entstehenden Gewinnstellung öfters (bewusst!) die zweitbeste Variante. Dafür dauert es umso länger. Ich brauche wie schon am Vortag ein zweites Partieformular, also mehr als 60 Züge, bis der erste (und einzige) Mannschaftssieg dieses Wochenendes eingefahren ist. Gut so.

11.Runde: St.Valentin - St.Veit/Glan 2½:3½

Die allerletzte Runde der Saison. Wir können wieder zu sechst antreten. Für unseren Gegner, St. Veit 2 geht es noch gegen den Abstieg. Entsprechend stark ist ihre Aufstellung. Das Ergebnis und der Spieltermin Sonntagvormittag lassen auf viele kurze Remis tippen, der Spielverlauf ist allerdings auf fast allen Brettern ganz anders.

Mit Ausnahme von Brett 3. Wieder gibt es von unserem Legionär nichts Gehaltvolles zu sehen. Eine tausendfach gespielte Zugwiederholung im geschlossenen Spanier beendet die Partie, noch bevor sie richtig beginnen kann. Diesmal immerhin gegen einen GM …

Auf Brett 6 präsentiert sich Peter in alter Stärke. Frei nach seinem Whatsapp-Profilbild verkündet er: I’m back! Er hat einen jungen, unangenehm angriffslustigen Gegner. Peter Cool hält dagegen und opfert seinerseits die Qualität. Die daraus entstehenden Endspiel-Varianten sind schwierig zu berechnen. Peter bietet Remis, sein Gegner muss das Okay seines Captains einholen. Der sieht, wie bedenklich meine Stellung ist, und stimmt zu. Falls es noch jemand in Zweifel stellt: He’s tatsächlich back!

Auf meinem anderen Nebenbrett ein versöhnlicher Ausklang einer langen Saison und eines bisher wenig erquickenden Wochenendes für unseren Captain. Gegen seinen Fast-Angstgegner Mazi spielt Reini sehr stark, macht Druck in einer komplizierten Stellung. Wie man ihn kennt, verspeist er genüsslich das eine oder andere Bäuerchen, muss sich letztlich aber doch mit Zugwiederholung und Remisschluss zufriedengeben.

Auch Flo schließt die Saison mit starken Leistungen ab und bleibt am ganzen Wochenende gegen sehr starke Kontrahenten unbesiegt. Sein Kampfremis gegen den altbekannten Schachinger (No jokes with names!) ist aller Ehren wert. Zwar optisch leicht schlechter, aber wohl nie außerhalb der Remisbreite.

2:2. Bleiben noch Jakob und ich. Unser Spitzenmann erntet schon wieder die Früchte seiner Vorbereitung. Er hat zwar einen Bauern weniger, dafür aber eine äußerst chancenreiche und objektiv bessere Position. Da er keinen konkreten Gewinnweg findet, wickelt er trocken und souverän in ein ausgeglichenes Turmendspiel zum Unentschieden ab. Mega-Saison!

Tja, und dann noch ich. Wieder die letzte Partie, die den Wettkampf entscheidet. Muss das sein? Noch dazu, wenn man in der Eröffnung ausgetrickst wird. Mein stark und vor allem staubtrocken spielender Gegner lockt mich in eine positionell traurige, weil perspektivenlose Stellung. Statt alles nach vorne zu werfen, ins Risiko zu gehen und mich dabei noch mehr zu schwächen (was aber definitiv besser gewesen wäre), probiere ich, mit Kampf und Härte dagegen zu halten. Muss dabei aber zur Kenntnis nehmen, dass er all meine Ideen und Gegenangriffspläne zunichte macht.

Damit gewinnt St. Veit den Wettkampf und rettet sich in der Tabelle am letzten Abdruck noch über den Strich.

Endstand

Fazit

Mit dem Wochenende können wir teilweise zufrieden sein (Jakob, Flo, 1 überzeugender Mannschaftssieg gegen gleichauf liegende Villacher), teilweise naja (Aufstellungssorgen und ein paar schwächere Leistungen).

Das Resümee der gesamten Saison darf uns allerdings ruhig einige Jubelposen entlocken. Immerhin sind wir als Aufsteiger gestartet und haben auch nicht allzu übertrieben auf die Hilfe unserer ungarischen Legionäre gesetzt. Also, Leute, freut euch mit unserem Bundesliga-Team, das war eine überaus starke Saison, in der wir nie auch nur annähernd in Abstiegssorgen kamen. Stark!

Bericht: Klaus Theuretzbacher

Fotos: Peter Kranzl