1.Landesliga, 7.Runde: Freistadt/Wartberg - St.Valentin 4:2

Es ist Winter. Draußen hat es Temperaturen um den Gefrierpunkt – und drinnen ist es auch nicht viel wärmer. Zumindest im (gar nicht so hohen oder tiefen) Mühlviertel in Wartberg ob der Aist. Der hauseigene Wirt glänzt durch Abwesenheit und spart offenbar auch bei den Heizkosten. Geht man allein nach den Bildern, könnte es sich um ein Outdoor-Event handeln. Die Gastgeber haben uns allerdings vorgewarnt, also dominieren Thermoskannen die Szenerie.

Auf den Brettern kommt es zu höchst ungewohnten Stellungsbildern und zu spannenden Auseinandersetzungen zwischen Jung und Alt. Der Altersunterschied beträgt Minimum plusminus 15 Jahre (Brett 3, 5 und 6) bis fast 50 Jahre (Brett 1). Das Ergebnis spricht Bände.

Brett 1: Nguyen Le Minh Phu - Alois Hellmayr ½:½

Aus einer erst harmlos anmutenden Eröffnung entwickeln sich anspruchsvolle undurchschaubare Stellungsbilder. Dennoch höchstes Niveau mit beiderseits fast fehlerlosem Spiel, wie es sich für Brett 1 gehört ;-)) Besonders stolz ist Alois auf seinen Giftpfeil Ld2, ein äußerst schwer zu berechnender Zug, der seine Chancen intakt hält und den er schon mehrere Züge davor erspäht hat. Es kommt noch eine zusätzliche Portion Pfeffer ins Spiel. Als Alois wenig später bei knapper werdender Bedenkzeit Remis bietet, steht er schon eine Spur besser (sagt der Blechtrottel, aber den kann man ja erst nach der Partie befragen). Phu willigt ein. Durchschnaufen.

Brett 2: Klaus Theuretzbacher - Jakob Postlmayer ½:½

Unser Sport hat so seine Besonderheiten. Eine davon ist die Gastspieler-Regel. Die bringt es mit sich, dass ich gegen einen Vereinskollegen antreten darf. Jakob ist nicht nur die Freistädter Nummer 1, sondern auch unsere Nummer 1 in der Bundesliga, wenn man von den selten eingesetzten ungarischen Legionären absieht.

Naturgemäß ist das eine harte Aufgabe. Schon recht bald beschließe ich, auf offensives Spiel zu verzichten. Einfach mal solide stehen und schauen, was ihm einfällt. Naja, glücklicherweise auch nicht allzu viel. Jakob gibt mir sogar Gelegenheit, meine planlose Position nachhaltig zu verbessern. Ein guter Zeitpunkt, um Remis zu bieten, beschließe ich, bin dann aber doch überrascht, als Jakob mein Angebot annimmt.

Brett 3: Radoslav Flasik - Joachim Dornauer 1:0

Wie sich die Geschichten wiederholen! Joachim spielt schon wieder super-solide, hat scheinbar alles im Griff. Alle Feinheiten sieht er, hat stets giftige Gegenchancen im Sinn.

Den weißen Druck schüttelt er elegant ab, lässt die weißen Züge ohne schädliche Wirkung verpuffen. Dann nach circa drei Stunden ein böser Fehlgriff, Rado sagt Danke und schnappt sich die Qualität. Und das war’s auch schon wieder.

Brett 4: Peter Kranzl - Sota Glössl 0:1

Peter gerät in einer Variante, die er laut eigener Auskunft schon tausendfach gespielt hat, rasch unter bedenklichen Druck. Sota scheint unbedarft, verzichtet auf größeres Nachdenken und legt von Anfang an ein hohes Tempo hin. Auch in der Analyse verblüfft er mit „Na, dann spiele ich halt irgendetwas!“ Leider dann oft die stärksten Züge. Schon irgendwie eigenartig, dass diese Einstellung zu solchen Ergebnissen führt. Jedenfalls gelingt es Peter nach zwei, drei Fehlzügen nicht mehr, der Umklammerung zu entkommen. Er probiert alles, unterliegt jedoch letztlich klar gegen die jugendliche Unbekümmertheit.

Brett 5: Franz Rechberger - Martin Koch 0:1

Hat man so was schon gesehen? Es scheint so, als würden die beiden Freistädter auf 5 und 6 (Franz und Georg) einen internen Wettkampf austragen. Wem gelingt es, in einer offenen Partie (Läuferspiel bzw. Italienisch) später den eigenen Königsspringer zu ziehen? Dieses Match endet – im Gegensatz zu den Partien – unentschieden, bei beiden ist es im 11. Zug so weit.

Zurück zur Partie. Diese wird immer verwickelter und schärfer. Martin steht zwischenzeitlich voll auf Verlust. Die Schwierigkeit der Position und sein aktueller Lauf helfen ihm allerdings, die Partie zu drehen. Schon wieder gewonnen.

Brett 6: Johann Weilguni - Georg Traunwieser 0:1

Aus einem italienischen Scharmützel resultiert eine super-verschachtelte Stellung. Hans, wieder einmal sehr ambitioniert, will sich mit Stagnation und stundenlangem Lavieren nicht zufriedengeben. Unser Obermasseur spuckt quasi in die Hände und geht wagemutig ins Risiko. Diesmal leider mit schlechtem Ausgang. Georg, seinerseits zur Untätigkeit verurteilt, erkennt die Chance. Rechtzeitig springt er von der Massageliege und kontert er das wohl zu offensive Vorgehen von Hans geschickt aus. So erreicht er ein gewonnenes Turmendspiel und beendet die letzte Partie des Nachmittags siegreich.

Fazit

5:1 für die jeweils Jüngeren, das spricht eine deutliche Sprache. Einzig auf den vorderen Brettern halten wir Seniors erfolgreich dagegen. Mit einem kleinen Seitenblick auf unsere eigene Nachwuchsabteilung wird einem schnell klar: Sollte dieser Trend zur Regel werden, braucht uns Valentinern vor der Zukunft nicht bange zu sein. Nur wir Altsemestrige dürfen uns damit anfreunden, hin und wieder kräftig eine auf die Rübe zu bekommen.

Trotz der ersten klaren Niederlage halten wir Platz 6 in der Tabelle. Nächstes Mal lautet die Devise: High Noon gegen El Presidente und die Hard-Church-Bande. Die liegen eher in unserer Altersrange – da sollte dann wieder ein Sieg drinnen sein.

Ergebnisse

Fotos: Peter Kranzl

Bericht: Klaus Theuretzbacher