Sonntag Vormittag, das ist nicht jedermanns Sache. Also fahren wir mit deutlich veränderter Aufstellung – nur das Journalistenduo Fotograf und Schreiber ist gleichgeblieben – ins Innviertel. Unser Gegner hat es in der 1. Runde geschafft, zwei Strafverifizierungen aufgrund falscher Aufstellung zu kassieren, und startet daher mit minus 0,5 Punkten in das Duell mit uns. Vorsichtshalber haben sie anders als in der Runde davor Brett 1 und 6 getauscht, damit diesmal alles seine Richtigkeit hat. Von der Papierform gehen sie wohl als leichter Favorit ins Rennen – man braucht sich nur die beiden letzten Bretter ansehen, da sitzen doch (ehemalige?!) Kapazunder. Wir halten mit einer frischen Mischung aus unverbrauchten Erfahrenen und äußerst aufgeweckten Landesliga-Greenhorns dagegen. Yippie!
Brett 1: Joachim Standhartinger - Klaus Theuretzbacher 0:1
Ein paar Tage zuvor stand mein Gegner noch im Team der oberösterreichischen Jugendauswahl – u.a. gemeinsam mit Alina, Noah und Thomas. Ich gehe demnach durchaus gewarnt in die Partie. Rasch wird es gehaltvoll und spannend. Nach etwa 20 Zügen der vorentscheidende Moment. Ich überlege lange und beschließe, ins Risiko zu gehen und einen Bauern für die Öffnung der Stellung zu opfern. Ansonsten wäre ich positionell unter ziemlich großen Druck gekommen. Die Idee geht voll auf. Mein Gegner findet nicht die besten Fortsetzungen, und nach circa 3 Stunden (somit die längste Partie an diesem kurzen Sonntag Vormittag) ist der ganze Punkt im Trockenen.
Brett 2: Peter Kranzl - Johann Webersberger ½:½
Peter bekommt es mit der klaren Nummer 1 der Rieder zu tun. Hans W. spielt ja auch für Grieskirchen Bundesliga. Er ist allerdings aktuell durch Hausbau-Aktivitäten etwas gehandicapt und deshalb friedfertig gestimmt.
Unser Herr Fotograf besteht darauf, dass ich schreibe, dass es eine ganz lange Partie und ein überaus harter Kampf bis zum Remis war. Gut, hiermit hab ich’s geschrieben. Jedoch war dem schlichtweg nicht so. Die beiden vergnügten sich viel mehr bei einem ausgedehnten Spaziergang durch Ried, man ging gemeinsam auf nicht-schachliche Entdeckungsreise. Mit dem Ergebnis, dass Peter feststellte (und auch postete), dass die Anzahl öffentlicher WC-Anlagen in Ried überraschend hoch sei...
Brett 3: Max Hofmann - Horst Müller 1:0
Horst, diesmal unser Fahrer, trifft auf Max, berühmt und berüchtigt für sein kompromissloses und teilweise unorthodoxes Angriffsschach. Nun, Horst hält gut dagegen. Es wirkt sogar so, als hätte er bereits Vorteil. Wagemutig verleibt er sich den Bb2 ein, vielleicht noch korrekt. Allerdings unterschätzt er leider die weißen Chancen auf Attacke und schlägt mit dem Pferd die falsche Route ein. Worauf es rasch bergab geht. Unten angekommen, will Horst noch etwas im Trüben fischen. Doch es bleibt trüb.
Brett 4: Johann Weilguni - Markus Neuwirth 0:1
Wie rasch sich Stellungsbilder doch ändern können! Von einer recht harmlos anmutenden Eröffnung landet Hans (übrigens auch Hans W.) in einer typischen Isolani-Partie. Dann findet der – uns unbekannte, offenbar aus Bayern eingereiste und (noch ohne ELO-Punkte ausgestattete – Schwarze einige überraschende Züge und baut mit dem unkonventionellen f5 Druck gegen die weiße Königsstellung auf. Was macht Hans? Exakt das Gleiche, auch er will mattsetzen – und das am selben Flügel. Er setzt nach dem schwarzen f4 auf seine Drohungen in der Diagonale b1-h7, schenkt jedoch laut eigener Aussage die Partie mit einem fehlerhaften Zug her. Schade!
Brett 5: Gerhard Mittermayr - Thomas Kim 0:1
Das absolute Highlight dieser Runde! „Mitzi“ ist ja wahrlich kein Schwachoni (auch wenn er früher noch um einiges stärker war). Aber was Thomas da abliefert: wow, einfach nur wow! Unwiderstehlich setzt er mit Schwarz seinen Gegner von Anfang an unter Druck, große Rochade, Tg8, g5, g4, und es knirscht schon kräftig im Zuhause des weißen Königs. Die Freilegung des eigenen Königs nimmt Thomas gerne in Kauf. Er stellt seinerseits Mattdrohungen auf, die Gerhard nur mit größter Mühe unter Preisgabe eines ganzen Turmes parieren kann. Bis zum Schluss bleibt Thomas hochkonzentriert, jagt den weißen König über das halbe Brett, bis dieser (in Person von Gerhard) ermattet und beeindruckt von der schwarzen Übermacht die Hand zur Aufgabe reicht. Chapeau!
Brett 6: Noah Pleimer - Johann Maierhofer ½:½
Ebenfalls nicht ohne, was Noah zaubert. Auch sein Kontrahent ist einer der unangenehmen Sorte, schachlich natürlich. Also erfahren, stark und mit einer teilweise recht unkonventionellen Spielweise. Es entwickelt sich eine eigenartige Partie. Schwarz verspeist den Bb2, worauf Noah Kompensation in Form von kräftigem Entwicklungsvorsprung erhält. Zug um Zug verstärkt er seine Position und schickt seine Kavallerie nach vorne. Trotz der Bedrohungen, die diese vorwitzigen Sprunger ausstrahlen, ist kein unmittelbarer Sieg zu erkennen. Also beschließt Noah – ganz im Stile eines abgeklärten Meisters – das schwarze Remisangebot anzunehmen. Nur fürs Protokoll: Es war kein gnädiges Entgegenkommen von Hans (diesmal Hans M., die große Ausnahme, quasi verkehrtes W.). Dasselbe Ergebnis hätte Noah auch selbst durch Dauerschach erzwingen können.
Fazit
Allen Sonntagsverweigerern sei gesagt: Es war ein recht kurzer Ausflug. Nach nicht einmal 3 Stunden war alles beendet, und somit blieb noch überraschend viel vom Wochenende übrig.
Das Ergebnis? Schon wieder 3:3 – allerdings zum zweiten Mal gegen einen stark aufgestellten Gegner. Auch wenn Hans und Horst sich das wohl etwas anders vorgestellt haben: In Summe dürfen wir zufrieden sein. Insbesondere das Auftreten unserer Jungs auf 5 und 6 macht Lust auf mehr. Die nächsten Runden können kommen.
PS: Später wurde der Mannschaft von Ried ein Punkt abgezogen und der Wettkampf mit 2:3 gewertet. Der Grund war die nicht regelkonforme Mannschaftsaufstellung der Rieder.
Fotos: Peter Kranzl
Bericht: Klaus Theuretzbacher