Die Ausgangssituation vor der letzten Runde: Wir führen mit gemütlichen 5 Punkten Vorsprung und der klar besseren Zweitwertung vor ASV und Steyregg. Die spielen in der letzten Runde gegeneinander, da müsste also ein Team 5,5 oder 6 Punkte machen, um uns zu gefährden. Und es wäre beinahe so gekommen. Steyregg beweist mit einem 5:1-Kantersieg, dass es als Team der letzten Runde gilt – da war doch mal was, etwas Schmerzhaftes in Aschach, noch gar nicht lange her, autsch.
Wir wollen uns jedenfalls nicht die Butter (und auch sonst nichts) vom Brot nehmen lassen und den Lohn für eine sehr solide Saison einfahren. Immerhin gab es keine einzige Teamniederlage, nach dem 3:3 gegen den Arbeiterschachverein Linz in der 1. Runde folgte Sieg auf Sieg, im Herbst sehr deutliche, im Frühjahr dann durchwegs knappe Ergebnisse.
Unser Gegner – die neu entstandene Spielgemeinschaft Linz Steg / Voest Linz – tritt zwar nicht in Bestbesetzung an, aber mit etlichen stärkeren oder zumindest unangenehm zu bespielenden alten Hasen (das Unangenehme durfte ich vor circa 2 Jahren mit einer schmerzlichen Niederlage gegen Manfred Goldmann zur Kenntnis nehmen).
Noch mal das Wichtigste vorab: Wir brauchen mindestens einen Punkt für den Meistertitel, können ja nicht darauf spekulieren, dass die anderen nicht genügend Punkte machen, und wir wollen die Saison standesgemäß mit einem Mannschaftssieg erfolgreich abschließen.
Das Match nimmt nun folgenden interessanten Verlauf (Vorsicht: Die Reihenfolge der Bretter richtet sich nach der Länge der Partie!):
Brett 6: Karl Bergmayr - Manfred Goldmann ½:½
Ein sehr rasches und schnörkelloses Remis bringt den ersten halben Punkt zum Meister. Karli stellt sich solid und absolut seriös auf und gibt zu erkennen, dass er alle Tiefen der Eröffnung wie aus dem Eff-Eff beherrscht ;-) Sein Gegner (wie gesagt: der kann was!) ist jedenfalls beeindruckt und froh über die Kurzpartie.
Brett 4: Horst Müller - Peter Stadler ½:½
Auch dieses Weißbrett kommt (wie Brett 6) nicht über die Eröffnung hinaus. Man kennt, schätzt und respektiert einander und will sich auch nicht gegenseitig wehtun. Die logische Folge: das frühe Unentschieden. Womit schon nach nur einer Stunde Spielzeit die letzten Zweifel ausgeräumt sind, wer am Ende von der Tabellenspitze der 2. LL Ost lacht: Wir sind Meister! Und noch einmal, weil‘s so schön ist: Wir sind Meister!
Brett 5: Erwin Garn - Michael Aigner 0:1
Ganz anders verläuft diese Partie. Weiß spielt in der Eröffnung trotz super-scharfem Stellungstyp extrem schnell – ja, ist Michi da in die Leib-und-Magen-Variante des alten Haudegens getappt?! Jedoch, wer Michi kennt, weiß: hier werden bald exotische Pfade beschritten … Und so kommt es auch. Er hat konkrete Angriffschancen erspäht, nebenbei die klar bessere Struktur und einige Ideen. Ratet mal, wofür er sich entscheidet. Für ein langsames stetiges Verbessern seiner Position? Weit gefehlt. Hier wird Hauruck gespielt, die Attacke will verstärkt werden, vamos! Das kurz darauf eingefahrene Ergebnis gibt ihm Recht: ein gehaltvoller und durchaus attraktiver Sieg. Juhu.
Brett 1: Hermann Grabner - Klaus Theuretzbacher 0:1
Holla, die Waldfee! Hier ist von Anfang an großes Feuer in der Partie. Bevor es lichterloh brennt, zieht Hermann die Notbremse und wählt die objektiv beste Variante. Wir tauschen die Damen. Hermann will von etwaigem Vorteil nichts wissen, sondern opfert lieber eine Qualität, um eine sichere Festung mit großen Chancen auf Remis zu etablieren. Das macht es für mich leichter, ich kann ohne große Sorgen auf 2 Ergebnisse spielen. Nach einem groben weißen Schnitzer übersehe ich zwar den unmittelbaren Gewinn, das Endspiel mit 2 Türmen gegen Turm und Springer ist allerdings nach einem weiteren weißen Versehen doch recht rasch für mich entschieden. Nice.
Brett 3: Jakov Simic - Joachim Dornauer ½:½
Auf dem 3. Brett entsteht eine Partie, wo eine Staubmaske verpflichtend wäre. Weiß spielt pfeilgerade auf Remis, Joachim versucht, Vorteile zu finden, die sich allerdings die meiste Zeit nur im Mikro-Bereich bewegen. Obwohl er keinen richtigen Fehler macht, gelingt es ihm nicht, Entscheidendes herauszuholen. Auch das Endspiel T+L gegen T+S und später ohne Türme lässt sich nicht und nicht gewinnen. Frustrierend – und das bei diesem Tabellenstand und dieser so erfolgreichen Saison.
Brett 2: Hans Weilguni - Walter Maringer 1:0
Für mich der schachliche Höhepunkt dieses Matches (auch wenn sich Hans nach der Partie unzufrieden mit seiner Spielführung zeigt). Hier heißt es „Willkommen im Massage-Salon Weilguni“. Es ist schlichtweg beeindruckend, mit welcher Ausdauer und Beharrlichkeit er einen minimalen Eröffnungsvorteil nach und nach ausbaut. Gefühlte 50 Züge lang (in Wirklichkeit sind es vermutlich 10 bis max. 20) belagert er die gegnerische Schwäche, den vereinsamten Bauer auf e6, kniet sich mit der ganzen ihm zur Verfügung stehenden Masse drauf, dann noch ein paar Spritzer Öl in Form der richtigen Drohungen, und schon darf sich Schwarz kräftig durchkneten lassen. Vielleicht lässt Hans die eine oder andere Abkürzung links liegen, aber wer kann es ihm verdenken, wenn es doch gerade so schön ist…
Zum Abschluss also ein schöner, verdienter Sieg, der unseren Meistertitel noch mal so richtig unterstreicht.
Fazit
Liebe Leute, das hat heuer sehr viel Spaß gemacht mit uns, nicht nur wegen der Erfolge. Ich erinnere an unsere stets gute Stimmung, den allgegenwärtigen Teamspirit (von wegen Einzelsport Schach, das war Mannschaftssport pur!), das manchmal besonders intensive Apres-Schach, an die netten Sticheleien Richtung erste Mannschaft (vielleicht war das ja der entscheidende Impuls Richtung Meistertitel in der Landesliga?!?) und auch an die tollen Erfolge im Nachwuchsbereich. Dazu noch der doppelte Aufstieg – eine Bilderbuch-Saison, die in die Valentiner Annalen eingehen wird. Möge es in dieser Tonart im Herbst wieder weitergehen. Dann gerne eine Etage höher – wir freuen uns darauf!
Fotos: Peter Kranzl (mehr)
Bericht: Klaus Theuretzbacher