2.Landesliga, 10.Runde: St.Georgen/G. - St.Valentin 2,5:3,5

Es scheint fast so, als würden wir uns in dieser Liga heuer beinahe alles erlauben können und sie dennoch souverän dominieren. Die anderen helfen kräftig mit, deutlich hinter uns zu bleiben. Unsere Resultate sind nicht gerade berauschend. Und wir können es uns leisten, den Herrn Kranzl immer wieder mal nur als Fotograf auflaufen zu lassen.

Wir eilen also von Sieg zu Sieg, diese fallen aber schon seit mehreren Runden äußerst knapp aus. Selbst wenn der Gegner bei weitem nicht in Bestbesetzung antritt. So wie diesmal bei unseren Schachfreunden aus Saint Georgia Undergoosen.

Das Motto der Runde: Du bekommst ein Angebot und musst dich entscheiden. Dafür oder dagegen? Das ist hier die Frage…

Brett 1: Günther Huber - Klaus Theuretzbacher 0:1

Eine alte Weisheit im Schach lautet: „Nimm deinen Gegner so ernst, als wäre er Weltmeister.“ Nun, Günther ist (bzw. war Amateur-)Weltmeister und nicht nur das. Als Händler und Verkäufer von allen Schachutensilien, die es zu erwerben gibt, als Captain der Georgier und nicht zuletzt als langjähriger Gastspieler bei Valentin ist er uns wohlbekannt und ein gern gesehener Schachfreund.

Zu Beginn der Partie sein (nicht ganz ernst gemeintes) Angebot an mich, zum Fußball zu wechseln. Ich schwanke nur kurz und kann den blau-weißen Versuchungen widerstehen. Zur Entschädigung zaubern wir eine äußerst gehaltvolle Partie aufs Brett. Und immer wieder stellt sich mir die Frage: Opfer für die Galerie, also Hochrisiko, oder solide auf nachhaltigen Vorteil spielen? Mehrfach widerstehe ich der Versuchung – wie die Analyse beim Apres-Schach beweist, ist mein Gespür das richtige.

[Event "St.Georgen-St.Valentin, LL Ost"] [Site "?"] [Date "2024.03.16"] [Round "10.1"] [White "Huber, Günther"] [Black "Theuretzbacher, Klaus"] [Result "0-1"] [WhiteElo "1920"] [BlackElo "2140"] [Annotator "Klaus Theuretzbacher"] [SetUp "1"] [FEN "5r1k/3bn1pp/p2q4/1p1Bp1b1/1P2P3/P1pN2P1/4QP1P/RN4K1 b - - 0 28"] [PlyCount "23"] [EventDate "2024.??.??"] {Knapp zuvor war noch alles in der Waage, aber nun hat Schwarz nach einem Turmtausch auf c3 und dem erzwungenen Rückzug des Sd2 nach b1 alle Trümpfe in der Hand. Schwarz spielt nun klarerweise} 1... Nxd5 2. exd5 Qxd5 { und nach (dem stärksten)} 3. Nxc3 Qd4 $1 {Diesen Zug hatte ich schon zuvor bei Se7 im Sinn. Er gewinnt - zumindest - eine Figur. Aber es ist nach wie vor alles andere als einfach. Nach} 4. Nxe5 {vertiefe ich mich noch mal in die Möglichkeiten der Stellung und entdecke neben der Partiefortsetzung eine prickelnde Alternative. Aber irgendwie traue ich der ganzen Sache nicht und spiele das, was ich ursprünglich im Sinn hatte, nämlich} Qxc3 { Auch dann hat Weiß noch einiges an lästigem Gegenspiel.} ({ Die angesprochene Alternative bildete das hübsche} 4... Rxf2 $1 5. Rd1 ({Eine fiese (und gleichzeitig auch die einzig sinnvolle) Antwort von Weiß ist aber} 5. Qd3 $1 { Dann ist guter Rat teuer, es verlieren (!) nun etliche Züge} Qxd3 { (quasi der Notausgang) endet mit nur leichtem Vorteil für Schwarz.} ({ Schwarz muss - bei äußerst knapper Zeit - die geniale Riposte} 5... Be3 $3 { finden, wonach wieder alle Abspiele für Schwarz gut ausgehen. Schwer zu sagen, ob ich diesen Zug am Brett gefunden hätte, Dd3 hatte ich nämlich gar nicht gesehen. So betrachtet war die Entscheidung für 4...Dxc3 die richtige, auch wenn das Publikum dadurch um eine schöne Darbietung umfiel.})) 5... Rf1+ $3 6. Kxf1 Bh3+ 7. Ke1 Qg1+ {und Matt im nächsten Zug.} ) 5. Rd1 ({Die für Schwarz überraschend ungemütliche Alternative bestand in} 5. Nxd7 $1 Qxa1+ 6. Kg2 Rd8 7. Ne5 $1 Kg8 8. Nc6 $1 Rf8 9. Qe6+ Kh8 10. Ne5 $1 { wonach Schwarz noch} g6 {finden und die Qualität zurückgeben muss, mit der verbleibenden Mehrfigur aber sicher gewinnen sollte.}) 5... Be6 6. f4 Bf6 7. Ng6+ hxg6 8. Qxe6 Qc4 {Wieder der simple Zug.} (8... Bd4+ {wäre sofort tödlich. }) 9. Re1 Rd8 10. Kg2 Rd2+ 11. Kh3 Qc2 12. Re4 Rxh2+ 0-1

Brett 2: Joachim Dornauer - Gerhard Steidl 1:0

Joachim ist natürlich der große Favorit auf Brett 2, und es läuft auch gleich deutlich in seine Richtung. Dann aber, noch in der Eröffnung, findet er nicht die exakten Züge, der Druck für den Schwarzen lässt nach. Diesen verpassten Gelegenheiten nachweinen? Nicht Joachim. Was passieren kann, wenn man sich von ungenutzten Gelegenheiten und anstrengenden Gegenspielern ablenken lässt, haben wir ja letztes Jahr in seinem Duell mit Christian Plencner gesehen. Doch diesmal heißt es: „No Plenci, no cry …!“ Also weitertüfteln und mit einfachen, aktiven Zügen den kleinen positionellen Vorteil langsam, aber sicher zum vollen Punkt auszubauen. Aye, Captain

Brett 3: Roland Poperahatzky - Horst Müller 1:0

Das Match der verschmähten Angebote – Bieten und Ablehnen auf allerhöchstem Niveau! Schon im 2. Zug sind sämtliche bekannten theoretischen Pfade verlassen (1. f4 f5, 2. e4), und ab da sind immer mindestens 2 Bauern zum Fraß angeboten. Wie nennt man das eigentlich, wenn beide Seiten Gambit spielen wollen und der Gegner nicht zugreift? Das passende Lied zum argen Spiel: „Oh, baby, baby, it’s a wild world.” Mittendrin ist Roland das ganze Gemetzel offenbar nicht mehr ganz geheuer. Oder ist es pures Entgegenkommen, dass er mehrfach Remis bietet? Horst jedoch kann offensichtlich nicht aus dem Alles-oder-nichts-Modus aussteigen und lehnt auch da noch ab, als bereits alle Alarme bimmeln müssten. Tja, und am Ende denkt er sich dann vielleicht: „Now that I have lost everything to you / you say you wanna start something new …”

Brett 4: Michael Aigner - Martin Innreiter 1:0

Während der Partien spechtle ich gerne bei den lieben Kollegen über deren Schulter, schaue, wie sich deren Stellungen entwickeln und natürlich kommt mir da die eine oder andere Idee, was vielleicht gut ist und was weniger angesagt. Bei Michi bin ich da vorsichtig – nur nicht zu viel reindenken, sag ich mir, bei seiner Liebe zu chaotischen Zuständen am Schachbrett könnte ich da zu viel an Energie investieren … Doch diesmal ist es anders. Dieses Mal widersteht Michi der Versuchung, unnötig Chaos am Brett zu produzieren, hält sich ungewohnt nobel zurück, spielt ganz normale, gute Züge und vergrößert seinen Vorteil Zug um Zug. Und der Lohn dafür? Ein voller Punkt, noch dazu ohne übertriebene Aufregung. Hoffentlich hat es auch ausreichend Spaß gemacht!

Brett 5: Wilhelm Kirchmayr - Martin Koch ½:½

Auch Martin hat Entscheidungen zu treffen. Er kommt wieder einmal sehr passabel, wohl zumindest leicht besser aus der ersten Partiephase. Dann, wie so oft schon in dieser Saison, wählt er die angezogene Handbremse, verzichtet darauf, etwas zu riskieren und im Gewinnsinne mutig und aktiv zu werden. Mit dem Ergebnis, dass nur ein minimaler Vorteil herausschaut. Und ein Gesamtscore, der genau diesem Muster gerecht wird. Von den bisherigen 10 Partien gewinnt er 4 und remisiert alle anderen. Ein solider Score mit Luft nach oben.

Brett 6: Thomas Kim - Michael Gillhofer 0:1

Thomas macht diesmal mit den unangenehmen Nebenwirkungen des Spielens auf höherem Niveau Bekanntschaft. Sein Gegner wehrt sich entsprechend geschickt, lässt Thomas‘ Ideen ins Leere laufen und stellt seinerseits ungemütliche Drohungen aufs Brett. Leider 0:1, aber kein Beinbruch – das gehört einfach dazu. Wer sich weiterentwickeln will (und das will und wird Thomas ganz sicherlich), muss es manchmal auch auf die harte Tour erfahren, was Lernen heißt. Oder, wie es so schön heißt: „If you miss, don't miss the lesson!“

Fazit

In Summe ein überraschend niedriger, aber doch gerechter Mannschaftssieg. Amikale Atmosphäre, spannende Matches, so soll es sein!

Wir sind jetzt in der Tabelle ganze 5 Punkte voran. Das heißt, selbst wenn der äußerst unwahrscheinliche Fall eintritt und wir in der letzten Runde ein 0:6-Debakel gegen Voest/Steg kassieren, sollte das reichen. Denn ASV und Steyregg, punktegleich auf Platz 2 und 3, spielen gegeneinander, und ein für die theoretischen Chancen auf Platz 1 notwendiges 5,5:0,5 oder 6:0 käme doch sehr unerwartet.

Fotos: Peter Kranzl

Bericht: Klaus Theuretzbacher