Bundesliga-Finale in Jenbach: Es war sehr schön, es hat uns sehr gefreut

Im tirolerischen Jenbach fanden vom 20.-22. April die finalen drei Runden der diesjährigen Schachbundesliga statt. Nachdem in den vorhergehenden Runden in St.Veit nicht alles nach Wunsch gelaufen war, war uns klar, dass nur mehr eine große Sensation mit fremder Hilfe unsere Mannschaft vom Abstieg bewahren konnte. Trotzdem war es einen Versuch wert. Wir vertrauten bei diesem Unternehmen auch wieder der Spielstärke unserer ungarischen Schachfreunde Andras Flumbort und Zoltan Hajnal.

9.Runde: Die Entscheidung

Auch wenn wir natürlich als Außenseiter in den Wettkampf gegen Wulkaprodersdorf gingen, rechneten wir uns doch Chancen auf zumindest einen Mannschaftspunkt aus. Durch die Niederlage der Burgenländer gegen Bregenz in der achten Runde mussten wir aber auch erfolgreich spielen, um nicht schon unsere Chancen auf den Klassenerhalt zu verspielen.

 

Der Wettkampf begann nicht gut, da Peter Kranzl nach einigermaßen ausgeglichener Eröffnung seine Verteidigung zu sehr vernachlässigte und sich plötzlich einem zu starken Königsangriff gegenübersah. Florian Sandhöfner verlor gegen GM Maksimenko im Mittelspiel die Kontrolle über die Partie, erhielt aber im Endspiel plötzlich leichten Vorteil und erreichte ein Remis. Klaus Theuretzbacher hatte zu Beginn des Mittelspiels gegen IM Volkmann doch einigen Nachteil. Bei beidseitig knapper Zeit und einer Ungenauigkeit von Klaus einigte man sich ebenfalls auf remis.

 

Beim FM-Duell Reinhard Heimberger gegen Jo Wallner war die Stellung lange ausgeglichen. Da beide aber den Sieg wollten, suchten beide Spieler nach Möglichkeiten, das bessere Ende für sich zu finden. Im 34. Zug schien es auch so, als ob die Partie zu unseren Gunsten kippen könnte. Leider sah Reinhard einen Zug in der Vorausberechnung zu spät und reagierte daher im nächsten Zug falsch, was in einer Niederlage endete. Zoltan Hajnal übersah gegen IM Schneider, dass dieser die Dame gegen Turm plus zwei Leichtfiguren geben konnte. Danach war die Partie immer schwer zu spielen, allerdings noch nicht hoffnungslos. Erst als sich die Dame „verlief“, war auch die Partie nicht mehr zu retten. Einen schönen Erfolg gab es für Andras Flumbort mit dem Remis gegen GM Melkumyan. In einem etwas schlechter stehenden Endspiel konnte er einen Vorteil herausholen, der sich bei mehr Bedenkzeit eventuell auch zu einem größeren verbessern hätte lassen.

 

Das Ergebnis von 1,5 : 4,5 ist sicherlich etwas zu hoch, aber ein Punktegewinn war ehrlicherweise nur mit etwas Glück möglich.

10. Runde: Wir sollten nicht verlieren...

… um den Absturz an das Tabellenende zu verhindern. Ziel war an diesem Tag, zumindest gegen unseren Gegner Nickelsdorf zu punkten.

 

Es ging auch gleich flott los mit 1.e4 c5 und 2.b4 – ja das kann nur Klaus mit seinem geliebten sizilianischen Flügelgambit sein. Nach einem überraschenden b5-Zug seines Gegners im 13. Zug (es war Freitag) bekam er aber nicht mehr wirklich die Herrschaft über seine Stellung. Sein Kontrahent wollte auch nicht helfen – also lagen wir zurück. Florian konnte sich gegen den an diesem Wochenende sehr stark spielenden IM Lendwai nach schwieriger Eröffnungsphase in ein ausgeglichenes Endspiel retten. In diesem spielte aber der Nickelsdorfer wiederum sehr stark und so konnten wir auch aus diesem Spiel nichts Zählbares mitnehmen. Der dritte im Bunde war Zoltan, der in klar besserer Stellung leider nur den falschen Plan fand. Daher lautete der Stand nach der ersten Zeitnotphase bereits 0:3.

 

Den ersten halben Punkt „schaffte“ dann Reinhard. Nach der Partie waren beide Spieler nicht wirklich happy mit der Partie: Reinhard, weil er im Mittelspiel fast bei jeden zweiten Zug den Plan wechselte, zum anderen sein Gegner, der mit zwei Mehrbauern eben nur ein Unentschieden forcieren wollte. Die Stellung war überraschenderweise doch noch zu kompliziert geworden.

 

Gerhard stand, nachdem er remis abgelehnt hatte, ganz klar auf Gewinn, fand diesen aber nicht. Zumindest erkannte er die Gefahren aber rechtzeitig, um den drohenden Verlust noch mit einem Remisangebot abzufangen. Meist leicht schlechter stand Andras, konnte die Partie aber gegen den tschechischen GM trotzdem im Remisbereich halten.

 

Somit gab es am Ende eine 1,5:4,5-Niederlage. Leider konnte fast kein Spieler in diesem Wettkampf seine schachlichen Fähigkeiten auf das Brett bringen, und so war es auch einer unserer schwächeren Auftritte in der 1. Bundesliga.

 

11.Runde: Ausgezeichnet gekämpft

FM Sandhöfner – GM Nisipeanu (2684),
NM Theuretzbacher – GM Volokitin (2652),
FM Heimberger – GM Shengelia (2570),
FM Kranzl – GM Schlosser (2523),
IM Casagrande – IM Fedorovsky (2490),
FM Tober – IM Lehner (2393)

 

So lauteten die „Schlagerpaarungen“ beim Wettkampf St. Valentin gegen die Elo-Riesen aus Jenbach. Und wie stark ist St. Valentin aufgestellt - auf Brett 5 noch mit einem IM!

 

Weil wir an dem Tag auch wirklich stark waren, brachten wir eine unerwartete Spannung in den Titelkampf: Jenbach konnte im Falle eines Sieges gegen uns, von dem laut Papierform ausgegangen wurde, bei einem gleichzeitigen Punkteverlust von Feffernitz noch Meister werden. Doch überraschend sah es stundenlang nicht wirklich danach aus, dass Jenbach seine Pflichtaufgabe auch erledigen könnte. Zwar kam Peter relativ rasch in eine Druckstellung, die sein Gegenüber mit klarer Angriffsführung auch verwertete. Aber in den anderen Partien verlief das Geschehen viel ausgeglichener. Gerhard hatte gegen Oliver ebenfalls Probleme in der Eröffnung, konnte sich aber im Mittelspiel etwas fangen. Ein falscher - etwas zu aktiver Plan – führte aber auch hier zum Partieverlust.

 

Soweit alles wie „erwartet“. Nur dass Klaus zu diesem Zeitpunkt gegen GM Voloktin auf Sieg steht und Harry Casagrande gegen Fedorovsky zumindest gewinnverdächtig unterwegs ist, lässt doch etwas Spannung aufkommen. Noch interessanter wurde es, als Flo wiederum in einem schlechtstehendem Turmendspiel gegen einen Großmeister seine Zähne zeigt und ein tolles Remis gegen GM Nisipeanu erkämpft. Reinhard kommt nach einer schwierigen Eröffnung im Mittelspiel langsam auf Ausgleich und sogar leicht in Vorteil. Für Spannung war also wirklich gesorgt. Einige Kiebitze sollen schon von einer möglichen Sensation gemunkelt haben. 

 

Doch leider schlichen sich danach überall Fehler ein: Klaus erreicht gegen GM Volokitin zwar ein sensationelles Plusremis mit zwei Mehrbauern, aber bei der Analyse wird nicht allzu große Freude darüber aufkommen. Die Frage ist, wie oft man gegen einen solchen Spieler solche Stellungen spielen darf. Antwort: eigentlich nie. Reinhard verwirft im 41. Zug nach 15 Minuten nachdenken seinen ursprünglich richtigen Plan, um am nächsten aufzugeben. Harry lehnt das Remisoffert seines Gegners ab, sucht nur den passenden Gewinnweg und „vergisst“ die gegnerischen Möglichkeiten ausreichend zu beachten. Das Ergebnis war 1:5 – ebenso unglaublich wie auch der Verlauf der Partien.

 

Das Abschlussblitzturnier

Nach einer etwas zu kurzen Nacht stand bereits um 10 Uhr das Abschlussblitzturnier der 1. Bundesliga auf dem Programm. Mit der Besetzung Sandhöfner, Heimberger, Tober, Kranzl zu Beginn und ab der dritten Runde mit Casagrande war auch hier bestenfalls Platz 7 unter 10 Mannschaften zu holen. Einzig Harry spielte mit einer Performance von knapp unter 2500 sehr stark. Der Rest der Mannschaft konnte zumindest mit ein paar Überraschungen aufzeigen, Flo sogar dieses Mal gegen seinen neuen Lieblingsgegner Nisipeanu gewinnen. Am Ende wurde es der 9. Platz mit 3 Mannschaftspunkten.

 

Fazit

Eine sehr interessante Saison für uns Spieler ist zu Ende. Wir konnten für uns viele spannende Eindrücke und Partien mitnehmen. Unterm Strich konnten wir  zwei der vier Saisonziele erreichen:

1. Zumindest einen Mannschaftserfolg zu erreichen, und

2. dass wir uns gegen die starken Gegner so teuer wie nur irgendwie möglich verkaufen konnten.

 

Wir planten von Anfang an, gegen die stärksten Mannschaften ohne unsere ungarischen Spieler anzutreten. Highlights waren sicher die Wettkämpfe gegen Götzis und Ottakring, die zu unseren Mannschaftspunkten führten. Eine tolle Erfahrung waren auch die Spiele gegen die Topteams der Liga Jenbach, Feffernitz und Maria Saal. Auch wenn letztere Mannschaft „schuld“ an einem verpassten Saisonziel ("keine 0:6-Niederlage") ist: Die Großmeister Ragger, Buhmann und Predojevic mussten da schon sehr viel Einsatz zeigen, um ihre Punkte auch machen zu können. Das zweite verpasste Ziel, nicht Platz 12 zu belegen, wurde in der 10. Runde mit der Niederlage gegen Nickelsdorf verspielt.

 

Alles in allem war es schön, aber wir freuen uns auch schon wieder auf die 2. Bundesliga Mitte!

 

Bericht: Reinhard

Fotos: Peter (mehr)

Ergebnisse

 

Andras remisiert gegen Melkumyan, Zoltan (hinten) kann die Partie nicht halten
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Noch ist alles in bester Ordnung...
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Da ging was schief... - Jo Wallner in der Analyse mit Reinhard
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Gerhard spielt remis gegen Kuntner
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Reinhard Lendwai bei der Analyse mit Gerhard
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Ganz in der Nähe eine Geist-Tankstelle. Guter Spirit für Schachspieler?
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Ein guter Schluck für gute Laune
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...und St.Valentin steigt zwar ab, zeigte aber trotzdem seine Zähne
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Reinhards kompromissloser Fight gegen Shengelia
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Remis abgelehnt, dann verloren - bittere Minuten für Harry
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Volokitin hatte ordentlich Zoff gegen Klaus
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Florian mit seinem neuen Lieblingsgegner Großmeister Nisipeanu (Elo 2680)
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Gerhard spielte gegen Oliver Lehner
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Feffernitz wird Staatsmeister 2018. Wir gratulieren!
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