Das Bundesliga-Tagebuch von St. Valentin

Tag 1: Die Ernüchterung

Am Donnerstag den 20. Oktober begann für uns das „Abenteuer 1. Bundesliga“ in Mattersburg. Aufgrund der Auslosung war uns schon klar, dass das erste Wochenende vorentscheidend sein wird, ob wir um den Klassenerhalt mitkämpfen können oder ob dieser gleich zur "Mission impossible" wird. Ganz klar: Drei Mannschaftspunkte müssen irgendwie her, und mit Bregenz, dem Aufsteiger aus dem Westen, sollte zumindest ein Punkt in der 1. Runde auf unsere Habenseite wandern. Das war zumindest unser Wunsch.

 

Der Wettkampf begann mit zwei eher unspektakulären Remispartien von Andras Flumbort und Zoltan Hajnal auf den Brettern 2 und 3. Durch einen Fehler in Zeitnot war leider die Partie von Laszlo Gonda ebenso noch vor dem 40. Zug verloren wie die von Florian Sandhöfner gegen Dobosz. Das 1:3 noch vor Beginn der vierten Spielstunde war kein gutes Vorzeichen, auch wenn Reinhard Heimberger mit seinem Schwarzsieg gegen die einzige Frau an diesem Bundesligawochenende etwas Boden gut machen konnte.

 

Gerhard Tober musste also auf dem 6. Brett gewinnen, um die drohende Startniederlage noch abwenden zu können. Aber die Stellung war einfach nur schlecht, und es war gut, dass der Gegner mit dem angebotenen Remis zufrieden war. Alles in allem eine verdiente Niederlage, die uns schon einen Dämpfer bereits zu Beginn gegeben hat.

Tag 2: David gegen Goliath - nicht immer gewinnt David...

Ohne unsere drei Ungarn konnten wir in der 2.Runde St. Veit zumindest zu Beginn überraschen. Ersetzt wurden diese durch Peter Kranzl, Gerald Herndl und Patrick Gelbenegger. Nach zwei Stunden konnten wir auf allen 6 Brettern durchaus zufrieden sein. Gegen die meist um 300 Elopunkte stärkeren Gegner waren wir bis dahin durchaus ebenbürtig, aber dann machte sich der Klasseunterschied bemerkbar. Gerald verpasste den Ausgleich, geriet danach schnell unter Druck und verlor ebenso seine Partie wie Peter, der in ausgeglichener Stellung seinem Gegner den Punkt servierte. Unser Jungmeister Patrick opferte zu Beginn der Partie eine Figur gegen drei Freibauern auf dem Damenflügel. Meiner Einschätzung nach mit sehr guten Chancen, allerdings verlor er dann bei knapper werdender Zeit den Faden und die Partie.

 

Bei den drei noch laufenden Partien gegen drei kroatische Großmeister standen Reinhard und Florian besser und Gerhard hatte Ausgleich. Zumindest Reinhard konnte dann das erste Remis gegen GM Brkic erreichen, auch wenn in der späteren Analyse die Vorteile seiner Stellung klarer ersichtlich waren als in der Partie - aber immerhin remis gegen einen 2570er. Gerhard riskierte gegen GM Rogic dann doch zuviel und musste seine Niederlage anerkennen. Florian kämpfte mit Mehrbauern lange Zeit, um sich dann doch geschlagen geben zu müssen. Alles in allem großteils sehr gut gespielt und eigentlich in dieser Höhe unverdient verloren. Platz 11 nach 2 Runden war irgendwie nicht ganz das, was wir erhofft hatten.

Tag 3: Die Auferstehung

Gegen Ottakring waren wir in der 3. Runde wieder Außenseiter, da wir auf allen Brettern wieder zum Teil erheblichen Elonachteil aufwiesen. Der Wiener Jungstar Valentin Dragnev zeigte, zum Leidwesen von Florian, warum er auch in der 1. Deutschen Bundesliga spielt. Er konnte seinen Vorteil immer weiter vergrößern und auch verdient den ersten Punkt für die Wiener erreichen. Am Spitzenbrett konnte Laszlo einen Bauern gewinnen, aber bei ungleichen Läufern war der Vorteil viel zu gering - somit ein Unentschieden. Auf dem 2. Brett spielte Andras mit Schwarz gegen GM Papp eine tolle Partie und konnte eine schwierige Stellung ins Remis retten. Also 1:2 aus unserer Sicht.

 

Zoltan stand wie immer unklar, Peter besser und Reinhard nach einem Eröffnungsfehler schlechter. Mit großem Kampfgeist konnte Reinhard einen lange Zeit nicht erhofften halben Punkt machen. Kurz darauf erspielte Peter den ganzen Punkt, und somit stand es 2,5:2,5. Also noch ein Unentschieden und wir könnten unseren ersten Mannschaftspunkt bejubeln. Allerdings hatte Zoltan gegen seinen Landsmann einen Bauern weniger und keine Zeit - einmal gar nur noch 1 Sekunde. Ja, Zoltan spielt gerne mit unseren Nerven. Wahrscheinlich nur, damit wir ihn dann nach vollbrachter Leistung noch mehr feiern. Und ja, wir haben es gemacht: Er erreichte das erlösende Unentschieden und somit das 3:3 und unseren ersten Mannschaftspunkt. Sehr gut für unser Selbstvertrauen, dass wir endlich angeschrieben haben. In der Tabelle standen wir nun auf Platz 10 als Belohnung.

Tag 4: Die Erlösung

Götzis war der zweite Gegner an diesem Wochenende, gegen den wir uns nicht chancenlos sahen. Relativ ereignislos waren die Partien auf Brett 2 von Andras und Brett 4 von Florian. Wobei speziell Florian sich den halben Punkt gegen den sehr starken Gegner mehr als verdient hatte. Laszlo konnte am Spitzenbrett die Partie immer ausgeglichen gestalten und das dritte Remis sichern. Es blieben die sehr gute Stellung von Reinhard, die schwierige von Zoltan, und Gerhard in einer scheinbar total ausgeglichenen Stellung. Also alles möglich. Reinhard forcierte aber in aussichtsreicher Stellung zu sehr und konnte nur einen Mehrbauern herausholen. Die Partie endete in einem nicht zu gewinnenden Endspiel - Remis. Da Gerhard immer schlechter stand, schien das Remis eindeutig zu wenig zu sein.

 

Zoltans Stellung stellte uns immer wieder vor ein Rätsel: Sieg, Remis, Niederlage? – Nein, man konnte es nicht einschätzen. Und Zoltan war natürlich wieder in hochgradiger Zeitnot. Aber dieses Mal fiel die Kugel komplett auf unsere Seite und Zoltan sicherte uns den ganzen Punkt. 3:2 für uns, aber Gerhard schien bereits hoffnungslos verloren zu sein und das auch noch bei schlechterer Zeit. Mit unglaublichem Kampfgeist und findiger Verteidigungsideen gepaart mit dem nötigen Glück schaffte Gerhard noch das Unentschieden und sicherte uns damit den ersten Sieg in der höchsten Spielklasse! Einfach unglaublich, und das nach diesem Start! Platz 9 und ein Nichtabstiegsplatz ist das sehr erfreulich Ergebnis nach dem ersten Wochenende.

 

Weiter geht es erst Mitte März in St. Veit, wo gemeinsam mit der Damenbundesliga und der 2. Bundesliga Mitte gespielt wird.

 

Ergebnisse

Bericht: Reinhard

Fotos: Peter (mehr)

 

 

Andras Flumbort
Andras Flumbort
Reinhard bemüht sich erfolgreich um einen vollen Punkt
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Zoltan Hajnal hat es gerne spannend
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Florian Sandhöfner zeigte schon bei Sommerturnieren ausgezeichnete Form
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Entspannung nach der Runde: Gerald und Reinhard
Entspannung nach der Runde: Gerald und Reinhard
In Mattersburg trafen sich auch Weltklassespieler: Pentala Harikrishna und Alexei Shirov
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Österreichs Nr. 1 und Nr. 42 in der Welt: GM Markus Ragger
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Ex-WM-Kandidat Shirov hat Spaß mit Weltklassespezi Nisipeanu
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Viele ernste Gesichter vor Runde 3 un 4 bei St. Valentin, lachende gab es später! :-)
Viele ernste Gesichter vor Runde 3 un 4 bei St. Valentin, lachende gab es später! :-)
Yeah, strike!
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